Leben im Wohnprojekt
Vom Arzt bis zum Zimmermann. Hier Leben nicht nur Menschen mit den unterschiedlichsten Berufen, sondern auch mit den unterschiedlichsten Persönlichkeiten. Jeder hat seine Stärken und sein Fachwissen. Wenn ich mir eine Nähmaschine ausleihen möchte ist das kein Problem, meine Mitbewohnerin hat eine. Wenn jemand wissen möchte wie man den Faden bei der Nähmaschine einfädelt, dann erkläre ich es gerne. Möchte ich etwas bauen finde ich mit Sicherheit Mitstreiter. Die einen sprudeln vor Ideen, jemand anders hat das nötige Organisationstalent und noch jemand das fehlende Knowhow mit der Kreissäge. Außerdem kehrt immer wieder Besuch ein, egal ob aus dem Nachbarort oder vom anderen Ende der Welt, sie bringen neuen Wind mit. Es ist die Vielseitigkeit die uns weiterbringt. Jeder von uns hat seinen eigenen Freundeskreis, seine Hobbies, seinen Alltag und seinen Rückzugsort, neben dem aber auch jederzeit die Möglichkeit besteht in Gesellschaft zu sein. In unseren Gemeinschaftsräumen trifft man immer auf jemanden. Dort können wir uns austauschen, voneinander lernen, uns weiter entwickeln und gemeinsam Visionen verwirklichen. Wir treffen uns um Zeit miteinander zu verbringen. Egal ob gerade jemand spontan in die Gruppe schreibt, dass er reichlich gekocht hat und herzlich zum gemeinsamen Essen einlädt, man einen gemeinsamen Spiele- oder Filmabend geplant hat oder beisammen sitzt um eine Kulturveranstaltung zu planen. Ich kenne niemanden, der in seinem zu Hause so viel Raum und die damit verbundenen Möglichkeiten hat. Weil so viel gemeinsamer Raum, aber doch auch etwas Organisation bedarf, treffen wir regelmäßig zu einem gemeinsamen Plenum. Während eines Treffens haben wir uns mal gefragt, was unsere WG eigentlich ausmacht und ich habe immer wieder das Wort „Gemeinschaft“ gehört. Im Duden steht zur Bedeutung: „1. das Zusammensein, -leben in gegenseitiger Verbundenheit“ und „2. Gruppe von Personen, die durch gemeinsame Anschauungen o. Ä. untereinander verbunden sind“. Uns verbinden sehr menschliche Werte: kein Rassismus, keine Homophobie, kein Sexismus, …. Außerdem gehen alle sehr respektvoll und wertschätzend miteinander um und niemand ist ausgeschlossen. Meine Tochter profitiert hier nicht nur von dem Raum in dem sie sich ausprobieren kann und dem Wissen ihrer Mitbewohner, sondern lernt auch Offenheit und Selbstbestimmung. Ich freue mich sehr darüber so privilegiert leben zu können, diese Möglichkeit(-en) bietet sich leider nur wenigen.